Hui, soviele Beiträge! Ich kann nicht (sofort) auf alle eingehen, weiß auch nicht, ob das erwartet wird?
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Ich muss sagen, wenn ich deine Postings lese und das, wie du den Ist-Zustand von Rivin aus deiner Wahrnehmung beschreibst, dann habe ich regelmäßig das Gefühl, du sprichst von einem völlig anderem Server, auf dem die von dir angeprangerten Zustände vorherrschen - auf Rivin ist es jedenfalls nicht so, zumindest nicht, dass ich wüsste.
Um das gleich zu Beginn in aller Deutlichkeit zu wiederholen: Ich will Rivin nicht verändern, und ich plane auch nicht, wieder ig aktiv zu werden. Dieser Thread ist ein reines Gedankenexperiment, ein Philosophieren über Rollenspiel. Von daher ist es völlig belanglos, ob meine Gedanken nun meiner (selbst verschuldeten oder nicht selbst verschuldeten) Erfahrungen auf Rivin entspringen oder sonst woher. Ich will Rivin nicht anprangern. Ich nenne nur meine rein subjektiven Gründe, warum ich in Rivin eben nicht meine Erfüllung gefunden haben.
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Es gibt hier keine immer strahlenden, lichten Bilderbuchhelden ohne Fehler, Skrupel oder Zweifel, deren Leben nur daraus besteht, dass sie strahlend und lichterfüllt mit leuchtenden Schwertern ein paar Orkschädel spalten um sich dann als Helden zu feiern und ihm Ruhm sonnen zu lassen. Nein, Rivin ist anders, Rivin ist völlig anders. Auf Rivin ging und geht es oft IG dreckig zu und zwar richtig dreckig. Wir hatten in den zehn Jahren Alt-Rivin viele düstere Zustände, die die Spielwelt zu fast jeder Zeit maßgeblich dominierten, deutliche Tendenzen zu Dark Fantasy und grausiger Realität [...]- Korruption, Ausbeutung, Faschismus, Terrorismus, Armut, Ränkespiele, Bandenkriege, politische Intrigen und wirtschaftlichen Raubtierkapitalismus. [...] Nicht selten standen Charaktere vor grausamen Entscheidungen, bei denen es nicht einmal eine wirklich richtige Entscheidungsmöglichkeit gab, sondern nur eine möglicherweise weniger schlimme Wahl.
Es gab systematische Massenmorde,[...] Es gab religiöse Verfolgungen und blutige Glaubenskriege, [...]
Ich weiß dass das so klingen wird, als würde man es mir gar nicht recht machen – aber solche Zustände sind nicht das, worauf eine persistente Welt abzielen würde. Eine Welt, die im "Dark Fantasy" erstickt, ist für mich genauso unplausibel, unrealistisch und uninteressant wie eine Welt, in der Gut und Böse säuberlich voneinander getrennt sind. Faschismus, Raubtierkapitalismus, systematische Massenmorde ... das alles sind Phänomene der Moderne, die in meinen Augen in einer vormodernen Welt nichts zu suchen haben. Es gab einfach nicht die Mittel und Strukturen, die so etwas ermöglicht hätten. Aber das nur ganz beiläufig.
Das meiste andere, Ränkespiele, Bandenkriege, etc. etc. klingt alles wunderbar. Nur habe ich davon in mehr als vier Jahren Rivin nichts mitbekommen. Nun kann man sich freilich darüber streiten: weil ich meinen Char nicht genug verbogen habe, um mittels Anbiederung an die eingeweihten Grüppchen überhaupt erst herauszufinden, dass ein Bandenkrieg herrscht? Oder aber weil eben das System versagt hat – weil sich der Bandenkrieg auf face-to-face-Interaktion zwischen den eingeweihten SCs beschränkt hat, niemals aber wirklich in die Welt hinausgefunden hat. Muss ein Hafenkneipenwirt sich bemühen, damit er in einen Bandenkrieg hineingezogen wird? Wäre er nicht eher unter den ersten, die mit einem Bandenkrieg schlichtweg "konfrontiert" wären? Besonders, wenn man bedenkt, dass die Lagune ein Hotspot für Zuhälter und Prostituierte gewesen ist. Wie soll ich die Lagune denn noch darstellen, um die Lagune zu einem Ort zu machen, der auf jeden Fall in in einen Bandenkrieg hineingezogen wird? Ich sehe hier die Zuständigkeit also nicht zu 100% auf meiner Seite. Ich sehe sehr wohl auch, dass die Welt eben nicht funktioniert – u.a. weil sich INteraktion auf face-to-face-Situationen beschränkt, und einzelne Spieler nicht über Wirkungsketten und gesellschaftliche und wirtschaftliche Verflechtungen miteinander in Beziehung gesetzt werden. Auch gilt es zu berücksichtigen, dass sich, wenn man Interaktion auf face-to-face-Interaktion zwischen SCs beschränkt, wenn es also keinen "öffentlichen" Informationsfluss gibt, und wenn sich bestimmte Entwicklungen nicht für jedermann sichtbar in der Welt manifestieren, zur Ausbildung bestimmter Gruppen kommt - im weitesten Sinne ooc-Gruppen. Bin ich eingeweiht in das Servergeschehen, oder nicht? Ich war nie eingeweiht.
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Hinter den meisten Charakterkonzepten steckt wesentlich mehr Tiefe und Hintergrund, als auf den ersten Blick ersichtlich ist. Und viele Charaktere haben innerlich mit Zweifeln zu kämpfen, bereuen einstmalige Fehlentscheidungen oder trauern vielen toten Kameraden und Freunden hinterher, die in der langen Zeit auf Rivin gefallen oder verschwunden sind. Viele Charaktere haben ein sehr intensives Seelenleben. Nur natürlich schütten sie nicht jedem anderen Charakter einfach mal eben ihre ganze Seele aus, so dass sich vieles vom Charakterhintergrund erst durch intensives Rollenspiel mit den jeweiligen Charakteren entschlüsselt.
Okay. Angenommen. Bei engerer Betrachtung geht es ja in diesem Thema weniger um die Tiefe der Charaktere als um die Interaktionsmöglichkeiten zwischen Charakteren.
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Und ich glaube, hier liegt möglicherweise genau der Knackpunkt. Ohne dir zu Nahe treten zu wollen, ich habe immer wieder den Eindruck gewonnen, dass du recht vorurteilsbehaftet ins Rollenspiel gehst und die Charaktere, die dir begegnen, sofort in Schubladen steckst: Alles, was irgendwie nach "Held" aussieht, wird in die Schublade "Held" gesteckt, was soviel zu heißen scheint wie "nicht weiter mit befassen, RP-Versuhe abblocken".
Dadurch entging dir meiner Ansicht nach zwangsläufig auch viel.
Wann immer ich online gekommen bin, habe ich Lothlann zu gefühlten 98% deiner Spielzeit nur in der Feuerlagune gesehen. Als Fabio mal mit seinem SC versucht hat, dich dort anzuspielen, hast du die RP-Situation recht schnell beendet und Fabios SC Fira der Taverne verwiesen. Als ich dich einmal angespielt habe und mit Ameng in die Taverne kam, war es ähnlich. Du hast emotet, dass alle anwesenden NSC-Gäste (sonst war ja nicht wirklich viel da) Ameng scheel und feindselig ansehen und dein SC Lothlann hat Ameng, ohne auch nur wirklich auf ihre Interaktionsversuche einzugehen oder wirkliche Gründe zu nennen, der Taverne verwiesen. Verstanden habe ich das zum Beispiel bis heute nicht.
Was ich damit nur sagen wollte, war dass du meiner Ansicht nach immer schon schnell das RP abgeblockt hast, wenn dir sozusagen die Nase eines anderen Charakters nicht passte, wodurch du dich dann selten auf tiefere Interaktion einlassen konntest. Ebenso konntest du von vielen der Sachen, die sich auf dem Server ereignet haben, wenig mitbekommen, wenn du mit Lothlann eben hauptsächlich in der Feuerlagune abhängst.
Um ehrlich zu sein kann ich mich an die konkreten Situationen nicht mehr erinnern. Aber bitte verwechsle nicht so leichtfertig mich mit den Handlungen meines Charakters. Nicht ich habe aus der Taverne verwiesen, sondern Lothlann. Nicht mir hat die Nase eines anderen Charakters nicht gepasst, sondern Lothlann. Nicht ich habe RP abgeblockt, sondern Lothlann war offensichtlich nicht auf face-to-face-Interaktion mit dem konkreten Charakter in der jeweiligen Situation aus (leider scheint das aber nach wie vor die einzig anerkannte Form von Interaktion zu sein). Das sind ganz gewaltige Unterschiede. Bitte unterstelle mir nicht als Spieler und aus Bauchgefühl heraus RP-Verweigerung.
Vielleicht kann man im Nachhinein Missverständnise aufklären. Ich versuche das aus meiner Sicht: Was Lothlanns Gründe in der konkreten Situation waren, kann ich ehrlich nicht mehr sagen. Ich erinnere mich nicht mehr daran. Aber du kannst versichert sein, dass er Gründe hatte. Soviel traue ich mich über mich selbst und mein Spielverhalten zu sagen. Und ebenso kannst du versichert sein, dass ich als Spieler der letzte gewesen wäre, der Rollenspiel verweigert hätte. Vielleicht hatte ich einfach andere Vorstellungen davon, wie Rollenspiel funktioniert. Zum Beispiel hätte ich nicht gedacht, dass eine ruppige Reaktion eines Wirtes oder der Stammkundschaft als RP-Verweigerung des Spielers interpretiert wird. Eher hätte ich das als interessantes RP interpretiert. Ich bin ganze Abende in der Lagune versessen, habe auf die Spielerliste gesehen (meistens hat sich alles im Mantelturm abgespielt, oder ein paar waren im Frankys) und habe mich zu Tode gelangweilt. Ich wäre heilfroh gewesen, hätte ich nur irgendeinen plausiblen Grund gehabt, hinaus in die Welt zu gehen. Aber denkste. Was macht ein Kneipenwirt am Abend? Er geht in die Konkurrenzkneipe, setzt sich zu Fremden, die gerade über Astralebenen und Drachenspezies quatschen und sagt: "Hallihallo, ich bin der Wirt von dort unten. Darf ich bei euch mitmachen, was immer ihr hier auch macht?!" Insofern war ich wohl zu konsequent, man kann auch sagen: unflexibel, engstirnig, nicht zu ooc-Kompromissen bereit, um aus puren ooc Gründen heraus in der Welt herumzulaufen. Oder mein Charakter hat zu diesem Zeitpunkt einfach nicht zu den anderen Charakteren auf Rivin gepasst - hat überhaupt keine Anknüpfungspunkte gefunden.
Ich war also immer heilfroh, wenn irgendwer in die Lagune gestolpert ist (oft erbarmte sich Neftarie!
). Das Problem war bei Besuch von SCs aber oft, dass die Feuerlagune ein äußerst enges Etablissement mit einer sehr eingeschränkten, missmutigen Klientel aus Milizionären, Hafenvolk und Prostituierten sein sollte, was ich auch immer so rüberzubringen versucht habe. Und gerade diese "Atmosphäre" sollte eben nicht bloßer Hintergrund sein, sondern auch Konsequenzen haben. Nicht, dass ich dir das unterstelle (ich kann mich wie gesagt nicht an die Situation erinnern – nur ungefähr und allgemein an Ameng), aber wenn man als hübsche Elfendame im in eine heruntergekommene Hafenspelunke geht, sich durch die "Hafennymphen" drängt und einen Tee bestellt, wäre es beinahe seltsam, wenn es nicht zu einer verwirrten, vielleicht sogar ruppigen Reaktion oder Abweisung kommt. Ein Eindringen eines offensichtlich schicht-Fremden in ein in sich gekehrtes, "unter sich bleiben wollendes" Biotop von Charakteren, die sich weithin alle gegenseitig kennen, und eher ordinären Umgangston pflegen, ist ein Ereignis, das auf jeden Fall eine Reaktion verlangt – zum Positiven oder zum Negativen. Alles andere wäre doch irgendwo unglaubhaft. Dass obendrein jeder Mantler in der Feuerlagune angefeindet wurde, war bereits bekannt? Und dass Lothlann als Sember eine Abneigung oder zumindest einen gewissen Komplex allen Elfen gegenüber hat, käme auch noch dazu. Dazu sei nur gesagt, dass es durchaus auch andere Reaktionen gab! Lucian Grave, der Obermilizler wurde natürlich mit besonderer Ehre empfangen und bewirtet. Auch Eve Norton war von jener Sorte, die in der Lagune sehr willkommen war. Die Kneipe reagierte also stets auf die Situation und die Gäste. Von den Spielern hinter den Gästen war die Reaktion allerdings absolut unabhängig. Bitte also darum, mir das nicht zu unterstellen.
Gäste waren wohl oft ein zweischneidiges Schwert. Einerseits stellte ich mir die Lagune als kleine, verruchte Kneipenhöhle vor – andererseits platzten dann immer wieder Charaktere herein, die die Lagune grundsätzlich als "weißen, unbeschriebenen" Raum zu betrachten schienen, als eine für alle offen stehende, moderne Service-Einrichtung in der der Kunde König ist. Dann fiel es mir immer recht schwer, die Lagune eben als soziales Biotop einer ganz bestimmten, eingeschworenen Schicht zu vermitteln. Ich habe das über "atmosphärische" Emotes versucht. Und ja, wenn ich den Eindruck hatte, dass ein neuer Gast sich eindeutig eher in die Lagune "verirrt" hatte, also so gar nicht in die Stammschicht passte, dann versuchte ich das auch über die Reaktionen der "Stammschicht" und meines Charakters zu vermitteln. Zumindest die kleine Welt der Lagune (oder der Umkreis der Lagune, wenn Lothlann vor der Tür auf Kundschaft gewartet hat) wollte ich lebendig und abenteuerlich erleben und erlebbar machen. Das war aber doch um Himmels Willen nie als RP-Verweigerung gedacht – im Gegenteil. Ich dachte eher, dass ich die Situation damit interessanter machen konnte. So entstehen wohl Missverständnisse. Manche SCs sind auch darauf eingegangen, haben zum Teil in Ansätzen mit der (von mir emoteten) Umwelt interagiert. Das war zwar für mich ziemlich stressig, aber hinterließ vielleicht und hoffentlich bei dem einen oder anderen Charakter den Eindruck, an einem fantastischen und in gewisser weise realen Ort gewesen zu sein, nicht bloß in irgendeiner generischen DnD-Kneipe. Gerade dadurch, dass eben nicht jeder ohne weiteres in die Lagune kommen kann, und gerade dadurch, dass die Lagune unterschiedlich auf unterschiedliche Charaktere reagierte, hätte sie doch besonders interessant sein können!
Dass aber letztlich meiner "atmosphärischen" Versuche zum Trotz, oder gerade wegen ihnen, wenn man das vorliegende Missverständnis berücksichtigt, meistens leer war, das lag wohl auch daran, dass die Lagune sonst nicht viel bieten konnte. Nie ist sie auch nur irgendwie in eine Quest verstrickt worden (k.A., wie die Quests damals aussahen – vielleicht waren es eben auch einfach keine Quests, bei denen man mit der Umwelt interagieren musste.) Meine Bitten an SL, die eine oder andere Hehlerware verkaufen zu dürfen, versandeten (siehe auch den entsprechenden Post im Lagunen-Thread, mit dem ich interessierten Spielern den einen oder anderen Hinweis liefern wollte, 15. jun 2010). Und nie gab es auch nur irgendeinen interessanten SL-gesteuerten Gast, eine kleine SL-Aktion in der Lagune. Dass obendrein noch der Großteil der Spielerschaft in Charakteren steckte, die eben nicht zur Klientel der Lagune zu zählen waren, verschärfte das Problem noch. Reine face-to-face-Interaktion war selten eine Möglichkeit. Umso mehr wäre die Lagune auf wirtschaftliche und gesellschaftliche Verflechtung angewiesen gewesen. Aber es kam, 4 Jahre lang, nichts. Absolut Null, nada, niente!
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Ich persönlich bin ein leidenschaftlicher Kneipengänger (bringt der Beruf mit sich^^) und gerade so urige Kneipen im "Stil" der Feuerlagune mit eingeschworener, bürgerlicher Stammkundschaft mag ich ganz besonders gerne. Am Anfang dauert es (zumindest hier in Bayern) bei einer neuen Kneipe ein wenig, bis man sich dort bei den Stammgästen und dem Wirt etabliert hat, aber es geht eigentlich. Und wenn dann Jemand Unbekanntes reinkommt, der schlichtweg vom Outfit und Auftreten her nicht in das vorhandene.. Klientel.. passt, dann schaut man den vielleicht ein bißchen schief an, aber keiner würde ihn rauswerfen, erst recht der Wirt nicht. Und gleich zweimal nicht, wenn es sich um eine Frau handelt. Aber jetzt schweife ich gerade ab, darum gings mir im Grunde hier jetzt nicht.
Vielleicht sind die Kneipen in Bayern alle viel zu freundlich.
Geh' mal in Wien ins Kaffee Havelka und sprich einen Ober an, nachdem er fünf mal an dir vorbei gerannt ist. Als Antwort kannst du durchaus du einen bösen Blick und folgende Antwort erhalten: "Nur kan Stress, göi?". Eine Kneipe, zumal in eine Kneipe in der Vormoderne, ist nicht unbedingt ein "Service-Betrieb". Hier unterscheiden sich unsere Vorstellungen ein wenig.
PS: Wer sich durch den Lagunen-Thread liest, wird auch feststellen, dass ich mich um eine gewisse Steigerung des Informationsflusses bemüht habe. Nicht nur habe ich hier und da das Setting etwas näher geschildert (wirtschaftliche und gesellschaftliche Verhältnisse), auch Information über Taten von (bekannten) SCs finden sich dort (Grave, Norton, Gorn Nomthar, Elona Wolkenmeer, Winterkalt, Shalos (manche wollten einen dritten gesehen haben ..
)Xorgrim, Paine, Khalid, zum geringen Teil auch Maeve). Ich versuchte, Handlungen mit plausiblen Konsequenzen zu versehen, SCs in das Setting zu spannen. Sonst tat das ja leider niemand. Die Stadt - sie existierte kaum. Es gab nur 20 Spielercharaktere.