So.. nachdem ich nun den ganzen Tag gelesen habe wie wieder einmal eine Diskussion in einem Forum aus meiner Sicht eskaliert ist, habe ich beschlossen mal eine neue Diskussion zu starten um etwas über Diskussionen, Selbstbild, Reflexionen und Gruppengefühl nachzudenken.
Zunächst einmal: wieso? Diskussionen, besonders jene die eine Gruppe betreffen sind Kräftezehrend für alle Parteien, egal wie sie ausgetragen werden und können ohne richtige Struktur und gegenseitige Rücksichtnahme zu schweren und dauerhaften Schädigungen innerhalb der Gruppe führen. Wie sagt man so schön? Ein gesprochenes Wort kehrt niemehr zu einem zurück. Was gesagt ist ist gesagt und Worte können weh tun.
Wo liegt das Problem? Das Problem liegt primär in der Art, wie wir miteinander umgehen und das Verhalten von Anderen Reflektieren. Ich beziehe ihr keinesfalls Stellung für irgendeine Partei in dem aktuellen Streit, auch wenn ich mich bereits über die eine oder andere Seite geärgert habe. Das könnte ich auch nicht, bei den meisten Streitpunkten war ich nie Anwesend. Was mich allerdings etwas angeht, ist die allgemeine Stimmung innerhalb der Community, die aktuell fast jeden gepackt hat, sodass man nicht viel anders kann als negative Gefühle zu empfinden. Wir sind eine Gemeinschaft hier, ob wir es nun wahrnehmen oder nicht und eine Gemeinschaft braucht Regeln und zwar auch dafür, wie sie miteinander umgeht. Wenn nicht springt man lediglich von Eskalation zu Eskalation und hofft, das diese Sprünge immer länger werden.
Was kann man tun? Ich selbst habe im Zuge meines Studiums Erfahrungen mit sogenannter Reflexion gemacht, ob ich es nun wollte oder nicht. Wir mussten uns währenddessen eine Woche lang gegenseitig reflektieren, das heißt alles über eine andere Person schildern, ganz gleich ob positiv oder negativ und die Person und alle anderen Anwesenden mussten sich das einfach anhören. Ich muss sagen, das diese Woche im Rückblick betrachtet wohl die wichtigste Woche für mein Semester war, die es jemals gegeben hat, auch wenn ich während dieser Zeit öfter kurz davor war zusammenzubrechen, weil es wirklich anstrengend war.
Was ist Reflexion? Ich Zitiere hier einfach einmal, da ich es selbst nicht besser sagen kann: Reflexion heißt so viel wie „Zurückbeugung, Spiegelung, Zurückstrahlung, Überlegung“. Gemeint ist damit, dass die Gruppe das, was gewesen ist, noch einmal Revue passieren lässt, sich des Positiven vergewissert und beibehält, aber auch nach den Ursachen von Problemen und Schwierigkeiten sucht, diese beseitigt und aus den Fehlern für die Zukunft lernt. Reflexion gibt Zeit, Erlebnisse zu verarbeiten und zu verdauen, Stress miteinander zu klärten und Missverständnisse aus dem Weg zu räumen. Eigenes Verhalten, einzelne Gruppensituationen und Ereignisse werden im Nachhinein gemeinsam mit der Gruppe kritisch betrachtet und ausgewertet, um Lernvorgänge bewusst zu machen und Perspektiven für nächste Schritte aufzuzeigen. Reflexionen werden von Leitungsteams zielgerichtet eingesetzt, um die Entwicklung der Gruppe zu fördern, können ( und sollen) aber auch durch Gruppenmitglieder angeregt werden.
Wie funktioniert das ganze? Das ganze folgt einigen sehr simpel klingenden Regeln, die allerdings extrem wichtig sind um eine vernünftige Diskussion zustande zu kriegen: - wir bestimmen Jemanden, der die Regeln kontrolliert und dafür sorgt, das Jeder sie einhält. Diese Person kann auch Gedanken anregen. - Wir gehen höflich und respektvoll miteinander um. Wir erniedrigen niemanden, aber wir lassen jeden das sagen, was er sagen will. - Wir ignorieren keine Meinung und lassen jeden an der Diskussion teilnehmen. Jeder kann etwas sagen, jeder ist wichtig. - Wir bereiten uns auf die Reflexion vor und sagen (bzw schreiben) nicht das erste was uns einfällt. Wir nehmen uns Zeit und nehmen die Reflexion ernst. - Wir gehen grundsätzlich nur von uns aus. Jede Sichtweise in einer persönlichen Diskussion kann nur von einem selbst ausgehen. Es geht um eigene Gefühle und Meinungen. Wir treffen NIE allgemeinen Aussagen über andere. (Nicht "Du bist..." sondern "ich erlebe dich so...") - Wir lassen andere Ausreden und ihre Meinung sagen, auch wenn es schwerfällt, solange sie sich an die anderen Regeln halten. Wir versuchen uns nicht zu rechtfertigen, sondern hören uns an, bzw lesen alles durch, was die anderen zu sagen haben und denken darüber nach. Ihre Meinung ist wichtig für Veränderung. Gesagtes wird nicht kommentiert und auch nicht diskutiert! - kurz und prägnant ist besser als ausschweifende Erläuterungen. Wir versuchen dennoch Misverständnisse zu vermeiden.
Das ist doch totaler Blödsinn? Auch wenn diese Regeln wie aus dem Kindergarten oder irgendeinem windigen Hobbypsychologiebuch anmuten, sind sie wirklich extrem wichtig um eine gesunde Reflexion und damit verbunden auch wirkliche Veränderung zu bewirken. Wieso? In einer Diskussion (wie diese in Foren öfter ausgetragen werden) sind alle Parteien ähnlich wie in einem argumentativen Spiel möglichst darauf aus, den anderen zu "besiegen". Man kann sich das Ganze ähnlich wie ein Schachspiel vorstellen, bei dem jedes Argument einen Zug darstellt und das Ziel ist es letztlich den Gegner in eine Ecke zu treiben. Nur haben solche Spiele eben auch genau nur diesen einen Sinn: Die andere Partei zu "besiegen" und sie damit zu zwingen, die eigene Meinung anzunehmen oder eben aufzuhören zu spielen. Das ist auf einer fundamentalen Ebene eine destruktive Aktion und mag vielleicht für den jeweils Argumentierenden ein positives Gefühl auslösen ("jetzt habe ich ihm schon wieder eins ausgewischt") ist aber für die Gruppe als ganzes nur Schädlich, da es zu keiner Verbesserung führt, sondern lediglich zu der Verschlechterung der Situation Einzelner. Wenn man sich im Gegenteil an diese Regeln hält und versucht Anregungen zu bringen und die wahre Hintergründe und Meinungen zu einer Person schildern zu können ohne befürchten zu müssen von dieser Person auf die eine oder andere Weise angegrifen zu werden, kann es wirklich Grundlage für eine Veränderung innerhalb der Gruppe sein, die die Gruppe als Ganzes vorran bringt und das Miteinander wieder erträglicher macht. Es werden Missverständnisse aus dem Weg geräumt, keiner schauckelt sich so hoch, das er in Rage gerät und keiner versucht den anderen in irgendeiner Form zu besiegen.
Wie kann das in der Praxis aussehen? 1. müssen alle Konfliktparteien dies natürlich auch wollen und sich selbst, ihre Zeit und Energie in die Lösung dieses Problems investieren wollen. 2. werden die aktuellen Diskussionen sofort beendet. Sie führen genau in die falsche Richtung. Man kann nicht gleichzeitig zwei Wege gehen. 3. wird ein neuer Forenthreat oder eine große TS oder Skypekonferenz angesagt und ein Diskussionsleiter bestimmt. 4. werden zu klärende Probleme identifiziert, im Zweifel reflektiert einfach jeder über jeden, der wichtig für die Diskussion ist. 5. bereitet sich jeder darauf vor und notiert sich vorher, was er sagen will und ließt es sich noch einmal durch. 6. Sagt jeder genau einmal! seine Meinung zu allen genannten Themen. 7. ließt jeder Beteiligte alle Beiträge von allen anderen. 8. Reflektiert jeder über diese Beiträge.
Währenddessen gibt der Diskussionsleiter acht, das sich an die Regeln gehalten wird und löscht notfalls beiträge, die dann wiederholt werden oder unterbricht die Personen bei einer Konfrenz und erinnert sie an die Regeln. Wichtig ist hier vor allem, das niemand versucht sich zu rechtfertigen oder etwas zu den Meinungen der anderen zu sagen.
Ich schreibe diesen Threat hier, weil ich langsam glaube, das es sonst keinen vernünftigen Weg mehr gibt, diese Probleme zu lösen und weil ich glaube das solche seitenlangen Schlammschlachten letztlich zu nichts außer Frust bei allen Parteien führen und sich meist soweit hochschauckeln bis sie unterbrochen werden müssen.
Mich würde eure Meinung interessieren. Übertreibe ich oder wäre das wäre das wirklich ein gangbarer Weg, den wir mal versuchen sollten?
_________________ NWN2-Acc: ShineShadow Chars: Shalos Natrina - verrückter Erfinder und Ritter "Nichts ist unmöglich, nein ist es nicht. Was du willst ist lediglich teuer."Eichenherz - Weise, alt und Halbork "Nur wer habän Donnerohr nix versteht was Eichenherz sagän."
|