Am Freitag saß ich in der Straßenbahn und war auf dem Weg zur Schule (ich habe mich doch noch dazu entschieden hinzugehen).
Ich saß also da und dachte an die verschiedensten Dinge, auch an unseren Geschichtsunterricht, welcher zum Thema den Zweiten Weltkrieg hat.
Wir haben uns die letzten Geschichtsstunden Schindlers Liste angesehen und der Film brachte mich zum Nachdenken. Vorweg möchte ich erwähnen, dass der Film ein wahres Meisterwerk der Filmkunst ist und durch sein einfaches Vorhandensein das Andenken am Leid der Juden bewahrt; er erinnert an Greuel die nie mehr wiederholt werden dürfen ... sich aber dennoch jeden Tag irgendwo auf der Welt wiederholen.
Aber meine Gedanken nahmen konkrete Züge an; ich fragte mich was in meinen Klassenkameraden wohl so vorgeht, bei dem Gedanken an die Verbrechen ihrer Vorväter.
Wie gesagt, bin ich der einzige richtige Ausländer in der Klasse (mal von einigen Aussiedlerkindern abgesehen, die sich 100%ig integriert haben was Sprache und Mentalität angeht (die können auch nur deutsch)).
Und ich hatte dann mehrere Theorien, die ich aus gewissen Beobachtungen in Verbindung zu diesem Thema für mich aufgestellt habe.
Einige wollen mit dem Thema überhaupt nicht konfrontiert werden und würden vermutlich die Greuel abstreiten (was manche auch tun), würde der derzeitige gesellschaftliche und politische Mainstream das nicht verbieten.
Einige sind einfach geschockt über die Verbrechen ihrer Vorväter und verdammen diese auch aus ganzem Herzen.
Einige realisieren gar nicht die Bedeutung dieser Vergangenheit, die Bedeutung der begangenen Taten.
Einige zermürbt die Frage innerlich, ob ihre Großeltern an diesem unvergleichlichen Genozid beteiligt waren.
Natürlich sind die inneren Vorgänge komplexer als ich sie dargestellt habe, doch die Wahrheit ist, dass diese Vergangenheit noch schwer auf den Deutschen lastet, ob sie's wollen oder nicht.
Ich denke also darüber nach und dann trifft es mich wie der Schlag: Ich hatte einen Großonkel der bei der SS war.
Um zu erklären wie das möglich ist, da ich ja Rumäne bin, muss ich einführen, dass ein Teil meiner Familie deutschen Ursprungs ist, mit dessen Ursprung ich mich aber noch nie identifizieren konnte und noch nie identifiziert habe, was aber dennoch unsere Eintrittskarte in einen sozialen Industriestaat darstellte. Grundsätzlich sehe ich mich als deutscher Staatsbürger (welcher seinen Pflichten nachkommt; ich habe beispielsweise meinen Wehrdienst geleistet), aber ich sehe mich nicht als Deutscher. Nicht weil ich es nie wollte, ich wurde nie als ein solcher gesehen und die Rumänen sahen mich als einen der Ihren. Ich bin also da zu Hause, wo ich aufgenommen werde (und damit meine ich nicht die rechtliche Aufnahme in einem Staat, sondern die soziale Aufnahme zwischen Menschen).
Nun, mein Großonkel war also bei der SS. Ich weiß das nur, weil mir das meine Großmutter erzählt hatte. Er war ja ein deutscher Aussiedler, welcher in den Kriegsdienst gezwungen wurde, als Rumänien zum Bündnispartner der Achsenmächte wurde. Was er da gemacht hat, weiß ich nicht, ich weiß nur, dass er den Krieg überlebt hat, um die 7 Jahre in einem russischen Arbeitslager zugebracht hat und in Rumänien dann später vor der neuen Regierung flüchten musste, da diese nun die ehemaligen deutschen Soldaten ihrerseits in Arbeitslager unterbringen wollten.
Gegen Ende seines Lebens wurde er verrückt.
Und ich weiß immer noch nicht, ob mein Großonkel ein Mörder ist oder nicht, da er nie was aus dem Krieg erzählen wollte. Ich war noch klein als er starb, aber ich weiß es von meiner Großmutter.
Aber eines Umstands bin ich mir bewusst. Auch wenn ein deutscher zur damaligen Zeit nicht direkt beim Morden beteiligt war (was ja viele nicht waren), so lieferte doch ein jeder Deutsche seinen Beitrag dazu ...
Um es in einer Metapher auszudrücken:
Die Regierung will die Verdammten verbrennen und verlangt von jedem Bewohner Holz, Reißig, Öl, Nägel für das Konstrukt und noch etwas ganz banales, aber sehr wichtiges ... die Billigung. Und die Regierung zur damaligen Zeit, bekam sie vom großen Teil der Bevölkerung. Ausgenommen sind natürlich deutsche Helden wie Oskar Schindler, die Geschwister Scholl ... die es gibt, aber leider die bedauerliche Eigenschaft haben -die alle Helden haben- sehr sehr sehr wenige zu sein.
Ich denke mir immer noch, dass viele der aktuellen Pseudo-Nazi-Hasser im Grunde nur dem gesellschaftlichen Mainstream folgen, nach dem Prinzip:
"Was sagt die Mehrheit?" "Nazis sind scheiße, sagen alle." "Ahja, gut. Nazis sind scheiße!"
Die selben Leute haben zur damaligen Zeit nach einem ähnlichen Prinzip gehandelt:
"Was sagt die Mehrheit?" "Juden sind scheiße, sagen alle." "Ahja, gut. Scheiß Juden!"
Ihr versteht...?
Zudem wird man wohl kaum eine Ideologie durch ein schlichtes Verbot aus den Köpfen eines Menschen verbannen können. Man nehme das aktuelle Thema mit der NPD ... jeder der denkt, dass die NPD durch ein Verbot vernichtet wird, der hat recht, aber nur was den Namen betrifft; es ensteht etwas Neues, Größeres, mit den gleichen Ideen, nur eben mit einem anderen Namen.
Filme wie Schindlers Liste sind wirkungsvoller gegen jede NS-Ideologie als ein Verbot. Denn solche Filme bringen dieses Konstrukt dort zum Einsturz wo es begann, im Kopf des Menschen.
Entschuldigung, dass ich schon wieder abschweife.
Ich war also bei der Frage, ob sich meine Familie auch am Blut der Juden schuldig gemacht hat. Und letztlich fand' ich nur eine Antwort.
Keiner kann dich zur Rechenschaft ziehen für Verbrechen die deine Väter begangen haben, außer Gott allein.
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Aktiv Zsaraffein - Auf der Suche nach dem Elamshin
Inaktiv Salokinn - Einsamer Söldner Nachthang - Arroganter Ministerialer und Magier Velgaust - Sympathischer Berufsverbrecher Jewdokim von Stojanow - Zu Ehren Tyrannos'!
Tot/Verschollen Schwarzbart - Nur noch eine finstere Legende des Untergrunds Looy - Milizionär der ersten Stunde
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