Wenn ihr euch das Rangsystem und die RP-Bewertung anseht und versucht, euer Spiel zu verbessern, müsst ihr die Perspektive wechseln. Ihr könnt das beste Konzept geschrieben haben, das jemals ein Rollenspieler dieser Welt verbrochen hat, es ist keinen Pfifferling wert, wenn die Umsetzung nicht einmal halb so genial ist. Genau wie Schauspieler werdet ihr nicht so sehr an eurer Rolle gemessen wie an eurer "Performance", dem, was beim Mitspieler respektive dem Spielleiter ankommt. Eine ganz wichtige Rolle spielen dabei Emotes. Selbst ein introvertierter Charakter, der nicht viel sagt, steht nicht wie zur Salzsäure erstarrt in der Landschaft herum oder sitzt steif wie eine Statue auf seinem Stuhl. Er sieht sich um, brütet finster über seinem Humpen, mustert einen Passanten, trommelt gelangweilt auf der Tischplatte herum. Er hat außerdem ein ihm eigenes Mienenspiel. Er rümpft die Nase, zieht die Stirn kraus, hebt die Augenbrauen, presst die Lippen zusammen, beißt die Zähne zusammen. Er hat eine spezifische Gestik, zum Beispiel könnte er sich hinter dem Ohr kratzen, wenn er ratlos ist, mit der Hand über das Kinn fahren, auf der Unterlippe herumkauen, die Beine übereinanderschlagen, sich anlehnen, sich aufbauen oder zusammensacken und ich könnte noch eine Weile so weitermachen. Ein Charakter, der völlig aktionslos herumsteht oder -sitzt, hat in seiner Ausstrahlung das gewisse "Garnichts". Er ist für den Betrachter absolut langweilig, selbst wenn der Spieler gerade einen fantastischen inneren Monolog hält, den Schiller spontan in eines seiner Werke übernommen hätte. Erinnert sich jemand an die Szene bei OotS, in der Elans Zwillingsbruder Nale einen solchen inneren Monolog hält und die anderen Figuren sich fragen, warum er geistig abwesend in der Gegend herumsteht? So ungefähr kommt das beim Spielleiter an und ihr könnt euch denken, dass das keine spontanen Begeisterungsstürme auslöst. Der Teufel steckt im Detail. Ein Charakter, der den "Coolen" mimt, darf schweißnasse Hände haben, die er sich unbewusst reibt, sich den Kragen lockern oder eine sonstige Verlegenheitsgeste ausführen, die auf den ersten Blick noch nicht einmal besonders augenfällig sein mag. Ein Charakter, der eine Szene beobachtet, kann seine Körperhaltung verändern, die Arme verschränken oder sonst eine Reaktion auf das Geschehene zeigen, auch wenn er nichts sagt oder gar eingreift. Teil der Spielhandlung ist ausschließlich, was vom Spieler aktiv eingebracht wird, nicht, was er sich dabei denkt. Das zu berücksichtigen macht den Charakter lebendiger, lässt ihn aktiver wirken, zeigt, dass der Spieler bei der Sache ist und die Umgebung in sein Rollenspiel generell und nicht hin und wieder selektiv einfließen lässt. Das macht Eindruck, auch wenn der Spielleiter nicht eine einzige Zeile des Konzepts kennt und so kann man auch subtil Schwächen des Charakters ins RP einfließen lassen, ohne gleich einen ganzen Zusammenbruch ausspielen zu müssen. Andere Punkte dürften hinreichend bekannt sein. Fairness im Umgang mit anderen Spielern, geschicktes Einbinden des Settings ins eigene Spiel, konsequente Trennung von Spieler- und Charakterwissen und von Spieler- und Charakterhandlung, Vermeidung von völlig überflüssigem OOC oder gar OOC-Auseinandersetzungen und Störmanövern. Auch diese Punkte setzten noch keine Kenntnis des Konzepts voraus, finden sich aber häufig in den Wertungen wieder, positiv wie negativ. Daran zu arbeiten ist also nie verkehrt, ganz gleich was man spielt. Viele Spieler, die ich im Laufe der Jahre hier gesehen habe und die rangmäßig nie etwas reißen konnten, hatten insbesondere bei diesen Punkten - der mit der Lebendigkeit sei noch einmal ganz dick unterstrichen - ihre Schwächen. Auch an diesen kann man natürlich arbeiten, z.B. indem man ein Buch zum Thema liest, genauso, wie man seine Charakterkonzepte verbessern kann, wenn man sich mit diesem Aspekt der Schriftstellerei befasst. Das aber ist auch vom persönlichen Engagement abhängig, wenn man bedenkt, wie nützlich das Wissen im RL sein kann, das man im Zuge dessen erwirbt, ist es aber durchaus eine lohnenswerte Betätigung.
Am Rande sei noch erwähnt: Die genannten Kriterien sind natürlich nicht abschließend. Man kann auch mit anderen Sachen punkten oder sich in die eigene Suppe spucken, aber das würde hier den Rahmen sprengen. Ich hoffe allerdings, dass ich deutlich machen konnte, dass die Bedeutung des Konzepts für den Gesamteindruck häufig überschätzt wird. Es kann eine Rolle spielen und es gibt nach wie vor Fälle, in denen das so ist, aber oft krankt es an ganz anderer Stelle.
_________________ Charaktere:
Settingscharakter - Lando Lyonseph Hauptcharakter - Gilavain Throasar Dlaerathem Nebencharakter - Doran Sirilyer
Weitere Informationen zu den Charakteren im -> Wiki
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