Gestern...
Zyvia stand in einigem Abstand als der Dunkelelf an den von Schatten gesäumten Hang begab der von zwei Bäumen gesäumt wurde. Er atmete noch einmal durch und sah zu Zyvia zurück. "Das Tor hält grob eine sechstel Stundenkerze hast du gesagt?" Fragte er noch einmal nach. "Das hängt letztendlich von dir ab, aber in etwa das wird es sein, ja. Bist du sicher, dass du das machen möchtest? Ich kann dir auch eine neue Schriftrolle anfertigen..." wandte Zyvia noch immer nicht sonderlich begeistert von dem Plan ein. "Ich bin nicht bis hierhin gelangt weil ich aufgebe wenn es problematisch wird. Ein kurzer Besuch in der Schattenebene, was kann schon schiefgehen?" Er hob einen Mundwinkel an und trat näher zu dem Hang. Die Sonne stand tief, die Schatten waren lang. Es war ideal. Noch einmal überflogen die roten Augen die Worte in dem Buch, dann schlug er es zu und schob es in seinen Rucksack.
Er breitete die Arme aus und zeichnete die Umrisse der Schatten nach in denen er seinen Zauber wirken wollte. Er konnte spüren, dass die Konturen allmählich Manifest wurden, plastisch und greifbar. Er konnte die Schatten spüren und immer mehr wurden ihm die einzelnen Nuancen gewahr, die unterschiedlichen Töne von Schwarz die er auch beim letzten Mal hatte sehen können. Das Wolfsgeheul in der Ferne ließ ihn kurz stutzig werden und er sah hinter sich, wurde jedoch von Zyvias raschem "Konzentriere dich Faern!" wieder auf den eigentlichen Fokus seiner Aufgabe zentriert.
Nach einigen Anstrengungen schien es ihm, dass der Spalt zwischen den Welten stabil war. Er kam sich vor als würde er versuchen ein wackliges Konstrukt in Balance zu bringen. Der Nervenkitzel lag immer in dem Moment, wo man die Hand davon nahm um zu sehen ob es hält und so war es ihm jetzt als er die Energie des Zaubers ausklingen ließ. Der Spalt hielt und es war als könnte er einfach einen Weg entlang laufen in ein dunkles Ungewisses.
Er sah noch einmal zurück zu Zyvia und sie nickten einander fest zu als Faern in den Schatten trat und bemerkte wie die Welt um ihn herum mehr und mehr ergraute. Die Geräusche klangen düsterer und drangen mehr in die Sinne ein - wie in einem schlechten Traum in dem alles sich schlimmer anfühlt als es ist. Und doch übte dieser Ort eine Faszination auf ihn aus. Er hielt inne und zog die Augenbrauen zusammen bevor er sie wieder höher anhob als zuvor. Dieser Ort erinnerte ihn an die Phantomzone, der Ort an dem der Drache Namiri gottgleich herrschte. Dorthin wo er damals aus dem Unterreich fortgezogen worden war. Dort wo seine Reise begonnen hatte.
Ein Blick über die Schulter ließ ihn lediglich ein weißes Schemenabbild erkennen das den Umrissen glich die er geschaffen hatte - die gewöhnliche Welt war aus der Schattenebene heraus wohl offenbar nur Licht, so wie die Schattenebene in der gewöhnlichen Welt nur schwarz war. Er hatte jedoch nicht mehr viel Zeit sich Gedanken darüber zu machen. Er musste die Schriftrolle suchen und zurückkehren. Sie konnte nicht weit sein, das war sie neulich auch nicht gewesen. Wieder hörte er das Wolfsgeheul eines nahen Waldes der ihm jetzt erst aufgefallen war - oder der jetzt erst entstanden war? So richtig klar war ihm das nicht.
Er wandte die Aufmerksamkeit wieder von dem Waldstück ab. Er musste sich beeilen! Wieder sah er sich um und ging einige Schritte. Er war sich sicher, dass die Schriftrolle gestern hier gelegen hatte, hier einige Meter entfernt doch sie war nicht zu sehen. Der Ruf eines Raben ließ ihn jedoch wieder aufmerksam werden und den Blick in die Höhe richten. Er suchte kurz den Himmel ab und dann sah er eine Anhöhe in einiger Distanz die ihm ebenfalls bislang nicht aufgefallen war. Dieser Ort schien mit seinem Verstand zu spielen oder sich ziemlich abrupt zu verändern - nichts davon gefiel ihm. Was ihm jedoch gefiel war die Schriftrolle der auf der Anhöhe deren hellgraue Farbe sich deutlich von der Dunkelheit des Bodens abhob.
Mit eiligen Schritten machte er sich die Steigung hinauf und spürte den Boden unter seinen Füßen der fest und weich zugleich zu sein schien, so als könnte man ihn umformen wenn man sich wirklich anstrengte. Er beschloss das später einmal näher zu untersuchen, jetzt musste er jedoch fokusiert bleiben, der Riss würde ja nicht ewig offen stehen.
Er ächzte als er sich dem oberen Ende näherte. Die Steigung war von unten besehen nicht so weit entfernt gewesen doch schließlich war er angekommen und beugte sich zur Schriftrolle herab die endlich sein war. Mit einem Durchatmen blickte er einmal von der Klippe hinab. Sie war nicht sehr hoch, einige Meter. Nicht ausreichend um jemanden mit seiner Erfahrung ernsthaft zu verletzen wenn er dort hinunterspringen würde, aber das Hinaufklettern wäre durchaus ein Akt. Jetzt musste er nur noch zum Portal zurück...
Das Geheul der Wölfe war diesmal deutlich näher als ihm lieb gewesen wäre. Als er sich umdrehte konnte er sehen, dass der Wald bereits näher gerückt war und die Wölfe sich aus diesem geschält hatten und nun blutrünstig wie sie waren auf die Klippe zuhielen und den Rückweg blockierten. Faern überlegte einen Moment lang was er machen sollte aber entschied sich für einen Zauber. Es war schwer in dieser sich ständig ändernden Welt Distanzen abzuschätzen und die Wölfe kamen näher als ihm lieb war. Das Rudel aus sieben Wölfen fletschte die vergleichsweise hellen Zähne die sich vom schwarzen Fell abhoben. Ihre Konturen verschwammen immer wieder mit dem Grund.
Faern behielt die Schriftrolle mit einer Hand hinter seinem Rücken damit ihr nichts zustoßen konnte und streckte die andere Hand aus. Wie er es gelernt hatte ließ er Flammen erwachsenn doch das graue Feuer schien ihm nicht recht gehörig zu sein wie er es gewohnt war. Es dauerte und dauerte bis es die Wärme hatte die es haben musste damit er den Zauber weitergießen konnte. Die Schattenebene schien sich nicht nur gegen das Licht sondern auch die Wärme der Flammen zu wehren und es ihm besonders schwer zu machen.
Die Flammen loderten auf als sie schließlich die notwendige Kraft und Nahrung gefunden hatten und keinen Moment zu früh. Er zielte auf den vordersten der Wölfe und wollte die Flammen unter ihn schleudern damit sie auch die anderen Wölfe voll erfassen konnten. Ein kleiner Steinvorsprung schien ihm ideal dafür...
Ein plötzlicher Zug in seinem Rücken ließ ihn aus dem Konzept geraten. Reflexartig sah er hinter sich und über sich und in die leere Hand in der er gerade noch die Schriftrolle gehalten hatte. Der Rabe der vorhin geschrien hatte, hatte sie aus seiner Hand gerissen und flog davon auf die Schemen einer Burg zu die ihm ebenfalls erst jetzt auffielen. "Sussun pholor dos!" Fluchte er lautstark und nur das Knurren ließ ihn wieder den Blick davon nehmen und auf das näherliegende Problem richten. Die Wölfe waren so nah, dass ihm nur eine Wahl blieb. Er schleuderte die Flamme vor sich zu Boden, dass sie den vordersten der Wölfe im Sprung noch traf und die Explosion sich nach hinten entfaltete um auch seine Gefolgstiere zu treffen.
Um den Flammen zu entgehen blieb Faern jedoch nur die Wahl hinab zu springen. Er spürte die Hitze in seinem Rücken und bedeckte sich mit dem Mantel. Er spürte einen Schmerz am Bein als der mit grauen Flammen lodernde Wolf sich an seinem Bein verbissen hatte, ein unterdrückter Schmerzenschrei entkam ihn und er rollte sich zusammen um ja den Wolf unter sich zu wissen wenn er auf dem Boden aufschlagen sollte. Die Klinge in seinem Stiefel schnappte auf und er rammte Knie und Stahl in den Unterleib des Wolfes als der Widerstand des Grundes dies gebot. Mit einer Rolle entfernte er sich von dem jaulenden und brennenden Tier das ihm viel zu irreal vorkam um ihm eine Gemütsregung zu entlocken.
Mit einem Durchatmen sah er in die Ferne zu dem Raben der in Richtung der Turmspitze des zentralen Turms der Burg die halb in den Schatten verborgen war entkam. Dann sah er zurück zu der Klippe. Es gab keinen Weg, er musste dort hinauf. Er sah kurz zurück auf sein Bein - darum konnte er sich gleich kümmern wenn er wieder zu Hause war. So sehr es ihn auch ärgerte, die Schriftrolle nicht zurückbringen zu können - zu versagen. Er sprach die Worte des Zaubers der ihm sehr vertraut war und fasste mit der Hand an den Stein der an seinen Fingern haften blieb.
Mit dem Zauber dort hinauf zu klettern war im Grunde einfach und... wieder durchfuhr ihn der Schmerz am Bein. Er konnte das Bein kaum mit Gewicht belasten. Das Gesicht schmerzvoll verzogen griff er an seinen Gürtel und zog die Phiole hervor die ihm Linderung verschaffen sollte. Doch sie würde etwas brauchen um zu wirken und Zeit hatte er nicht. So stürzte er den Inhalt hinunter und begann zu klettern. Der Schmerz nahm auf den ersten Metern nicht ab und auch dann erst sehr gemächlich. Warten konnte er nicht, er musste dort jetzt hoch.
Schritt um Schritt kletterte er nach oben, es wäre gewiss eine Sache von Momenten gewesen normalerweise doch jetzt kam ihm jede Bewegung langsam vor und er fluchte innerlich, dass er sich so hatte ablenken lassen. Hätte er doch direkt den Zauber auf die Wölfe geschleudert! Mit einem Ächzen zog er sich die Anhöhe hinauf und erblickte die verkohlten Reste des Rudels - immerhin darum musste er sich keine Sorgen mehr machen. Ein suchender Blick ließ ihn die weißen Umrisse in der Ferne erkennen und er atmete erleichtert durch. Er machte sich daran sich auf den Zauber zu konzentrieren den er vorbereitet hatte um rasch zwischen zwei Orten reisen zu können die er sehen konnte. Er musste dann nur noch hindurch treten...
Das Geräusch schlagender Hufe riss ihn aus der Konzentration und er sah wieder hinunter zu dem Weg der zu der Burg in der Ferne führte - auch dieser Weg schien ihm neu zu sein. Ein schwarzes Ross und ein Reiter waren zu sehen und eilig auf dem Weg zur Burg. Was ihn jedoch aufmerken ließ war die Person die gefesselt hinten auf saß. Selbst ohne Farben zu erkennen waren seine Augen scharf genug um zu sehen.
"...Zyvia!"
_________________ You know why I never loose at chess? I have a secret move - I knock over the board! - The Doctor Portraits für Fira, Faeanshalee, Talyth und Sonata
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