Der Wind wehte ihr ins Gesicht während sie die Flasche zu ihren Lippen führte um der eisigen Kälte entgegen zu wirken. Da lag es vor ihr, Greifenstein, Heimat, zumindest für eine Weile.
Vieles war passiert, manches hatte sich zum Guten entwickelt, anderes zum Schlechten. Flinn war kein Graf mehr, ein Vorteil, so schwand die Wahrscheinlichkeit dass er die Siedlung in die Hände von Starken oder seine Angetraute sie in die Hände der Terils spielte. Diese Leute waren keine wirklich empfindsamen Wesen, keine wirklich lebenden Wesen, ihre Herzen waren kalt, böse, tot, nicht anders als die Herzen der Untoten in den Sümpfen, verdorben von Machtstreben, Kaltblütigkeit und Gewissenlosigkeit. Tyrannen, jeweils auf ihre Art, ohne Skrupel und Gewissen. Tyrannen waren keine empfindsamen Wesen, sie verdienten es nicht unter jenen zu leben die nach Freiheit strebten, und wäre es ihre Entscheidung, würden sie es auch nicht.
So gehörte Flinns Abdanken zu den guten Dingen die passierten, doch wie immer gab es auch schlechte, jene unter dem Banner der schwarzen Faust die für Terror gesorgt hatten, blieben immer noch straffrei…Elonas Versprechen…bedeutungslos, denn mehr als das war es auch nicht. Immer noch kamen sie nach Greifenstein mit ihrem verdorbenen Grinsen im Gesicht. Wie lange war es her dass Elona versprach sie zur Rechenschaft zu ziehen? Einige Monate. Und dennoch war nichts passiert. Vielleicht fand sie es nicht wichtig genug, oder es war ihr egal, vielleicht war es politisch auch bequemer diese Dinge im Laufe der Zeit untergehen zu lassen, wie so vieles das im Laufe der Zeit in Vergessenheit geriet.
Doch Jana vergas nicht, und sie verzieh nicht, weder Verrat noch Übergriffe auf jene die ihr nahe standen, sie wartete, wartete auf den richtigen Zeitpunkt, und jener schien bald gekommen. Lange lag es zurück, zu Zeiten vor dem Sternenfall, doch manche Taten verjährten nicht. Die Zeiten nach dem Sternenfall waren harte Zeiten, Zeiten in denen man sich zusammen nehmen musste, Kompromisse eingehen, politische Stabilität wahren, Zeiten in denen Rache hinten anstehen musste. Doch die Zeiten änderten sich, sie war nun keine Gräfin mehr und auch Jana würde ihr Amt bald abgeben. Dann gab es keine Politik mehr, keine Vorwände, keine Gründe sich weiter zurückzunehmen, nichts würde zurückfallen, weder auf andere Personen noch auf Orte, nur zwei Frauen, von denen eine einer anderen eine Lektion erteilte, eine Lektion die gerecht war, eine Lektion die nicht vergessen werden würde.
Jana lies ihren Blick schweifen, sie würde ihr Amt an Viola abgeben, damit war Greifenstein in guten Händen und sie konnte sich anderen Dingen zuwenden. Es galt noch vieles zu erledigen, doch bald, bald war es soweit, die Freiheit kam Stück für Stück näher und mit der alten, wieder neugewonnenen Freiheit, enthoben aus jeder Verantwortung für andere, würde sich einiges ändern.
Jana blickt in ihr Tagebuch, nichts davon hatte sie dort hinein geschrieben denn manche Gedanken, manche Vorhaben, sprach man weder aus noch brachte man sie zu Papier. Und so verblieben sie tief in ihrem Geist verschlossen, verschlossen bis zum Zeitpunkt ihrer Umsetzung.
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