Nachdenklich ging sie noch einmal die Berichte und Briefe durch. Las es mit größter Aufmerksamkeit und ignorierte, wie Alexis verschiedene Tunikas die für ihn eingepackt waren betrachtete, verglich und mit Hilfe von Naga überlegte welche er anziehen solle.
"Diese ist gelb, das ist Lathandergelb Naga."
Elona dachte zurück an das Gespräch mit Jessica, der Gräfin von Artief. Wie ernst sollte sie diese Anweisung nehmen? Würde das Ignorieren der Anweisung sich zu negativ auf die kommenden Pläne auswirken?
"Das ist blau, Fürstenblau und das ist Wolkenmeerblau. Ah.. die da ist grün, Greifensteingrün." Er verzog seine Mundwinkel und flüsterte leise. "Eigentlich 'Baumpython'-Grün, Greifen sind garnicht grün, ich meine damit eher die Baronie, Naga. Greifen sind eigentlich dumme, riesige Vögel deren Gehirn so klein wie das eines Spatzen ist und ihr Körper ist der von Löwen."
Naga rollte sich ein, ihre Augen fixierten Alexis. Naga war eine Regenbogenboa von 1,6 m Länge und sie hatte noch nicht aufgehört zu wachsen.
"Wenn ich es trage, ist es Baumpython-Grün." Sagte er leise in Nagas' Richtung, schob' die grüne Tunika aber zur Seite.
Elona lehnte sich zurück und seufzte. Wie sollte sie die Anweisung Jessicas' umsetzen ohne dass es negative Konsequenzen ergab? Wie der Fürst und die anderen Adeligen reagierten, war die eine Sache. Aber sie waren auch nicht in Greifenstein, sondern betrachteten nur das, was ihnen missfiel. Nicht das, was notwendig war und vielleicht nicht überall Gefallen auslöste.
"Ich denke wir nehmen die Gelbe..." Sagte Alexis mit Blick auf jene Tunika. "Du ziehst Fürstenblau an, dazu dein Lathanderamulett, dann hast du dein Gelb mit dabei." Fuhr Elona ihm ins Wort. "Aber das ist Gold, Mama." "Das geht schon in Ordnung, Melindas Symbol war auch aus Gold."
Alexis nickte und griff zur fürstenblauen Tunika. Es war für ihn nichts Ungewöhnliches, dass seine Mutter bestimmte, was er anzog. Aber manchmal, wenn sie gute Laune hatte und er sehr lieb war, durfte er tragen was er wollte. Auch wenn sie es 'hässlich' fand. Dann trug er gerne gelb und grün, oder versuchte den Schimmer auf Nagas' Schuppen mit bunter Kleidung nachzuahmen.
"Ich kleide mich an, Mama." Alexis erhob sich, nahm die Tunika und stellte sich zur Seite. Er zog sich um und ließ sich von Elona hier und da helfen. Fremde oder Zofen mochte er nicht und die meisten die auf ihn aufpassen mussten, empfanden ihn als Seltsam. Als er das einmal belauscht hatte und seiner Mutter erzählt, war diese Bedienstete auch sofort entlassen worden. Er war nicht seltsam, er war etwas Besonderes und das verstanden dumme Menschen nunmal nicht.
"Spiel' noch etwas mit Naga... die bleibt übrigens im Anwesen, da bringst du sie gleich hin. Wehe du versteckst sie und bringst sie in die Burg rein."
"Mama, das würde ich nie-"
"Lüg' mich nicht an oder du verbringst den Tag im Anwesen und liest Merolacs Erklärung zu Bannzauber und Verzauberungen bis du sie auswendig kannst."
Alexis seufzte, nahm Naga und verschwand durch die magische Türe in ihrem Zimmer. Sie hätte doch etwas mehr Verständnis für Naga zeigen können, Naga würde traurig werden, wenn er nicht bei ihr war...
Als Alexis durch die Türe trat sah Elona zu Zyara, welche ihm daraufhin folgte. Zyara war nun schon seit vielen Jahren Elonas Vertraute. Sie würde darauf achten, dass er nicht flüchtete, zumindest solange Zyara keinen anderen Plan verfolgte.
Aber das Problem, vor welchem Elona stand, war nicht gelöst. Zu welchem Preis würde sie den anderen Adel zufrieden stellen? Waren ihre Befürchtungen alle richtig oder nur oberflächlich wichtig? Doch Jessica war nicht irgendwer. Sie musste eine Lösung finden.
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